Verborgene Schwierigkeiten beim Verändern von pharmazeutischen Verpackungen

Kin Chun Cheung, Dominiek Rossillion & John Nuyens Facebook Linkedin

Werden Änderungen an Verpackungen vorgenommen, denken Pharmahersteller zuallererst an die Registrierung – das notwendige Verfahren für die Genehmigung der Produkteinführung auf dem Markt. Dieser Vorgang stellt an sich schon eine Herausforderung dar, doch muss dabei außerdem das Augenmerk auf weitere „verborgene“ Schwierigkeiten gerichtet werden.

Was versteht man unter Verpackungen?

Um die Herausforderungen zu begreifen, die sich bei Veränderungen von (pharmazeutischen) Verpackungen stellen, müssen wir zunächst die Verpackungen genauer betrachten. Verpackungen dienen – aus Sicht des Handlings – dazu, ein Produkt vor Beschädigung bei der Lagerung und dem Transport zum dafür bestimmten Kunden bis hin zu seiner Annahme des Produkts, als auch vor äußeren Einflüssen (Luft, Wasserdampf, Mikroorganismen und anderen Verunreinigungen) zu schützen. Durch die Verwendung von Verpackungen erhalten Produkte eine einheitlichere Form und können einfacher ausgeliefert und gelagert werden. Da die Produkte umschlossen sind, können sie von außen nicht identifiziert werden.

Registrierung von Pharmazeutika

Pharmazeutische Produkte erfordern eine Registrierung. Unter dieser Registrierung versteht man das Verfahren zum Erhalt einer Genehmigung, die es erlaubt, ein Produkt auf einem bestimmten Markt einzuführen. Sie umfasst eine detaillierte Zusammenfassung umfangreicher Informationen über die aktive Substanz, die Rohstoffe, die Größe der Produktionsreihe, die verwendeten Geräte und die Wirksamkeit der Substanz sowie Daten zu klinischen Studien, das Verpackungsformat und weitere wichtige Produktspezifikationen.

Wenn man sich in der Registrierungsdatei den Abschnitt zur Verpackung genauer ansieht, stellt man fest, dass jedes in einer Apotheke erworbene pharmazeutische Produkt in dem Format registriert ist, in dem es ausgeliefert wird: Von der Kartonage und dem Aufdruck darauf bis hin zum Kunststofftyp und der Form der Erstverpackung und der Art der Herstellung. Die Verpackung und das jeweilige Design sind, was die Registrierung anbelangt, dynamisch. Veränderungen des Behälters könnten sich auf wichtige Tests auswirken (beispielsweise eine Stabilitätsprüfung), auf die Haltbarkeitsdauer und weitere Faktoren.

Die Registrierungsdatei

Bevor ein Hersteller Änderungen an einem pharmazeutischen Produkt oder seiner Verpackung vornehmen darf, muss er die Genehmigung der entsprechend verantwortlichen Behörde einholen. (Dies kann die Food and Drug Administration, FDA – die behördliche Lebensmittelüberwachungs- und Arzneimittelzulassungsbehörde der Vereinigten Staaten – oder eine andere Zulassungsstelle sein, abhängig davon, auf welchem Markt, das Produkt vertrieben werden soll). Die Registrierungsdatei ist ein dynamisches Dokument, das während der Lebensdauer des pharmazeutischen Produkts verändert werden kann. Sämtliche Veränderungen – wesentliche und geringfügige – an einem Produkt und seiner Darstellung müssen registriert werden. In jedem einzelnen Land, in dem ein Produkt vermarktet wird, erklären die Behörden seinen Vertrieb erst nach Prüfung dieser Datei für zulässig. Sämtliche Änderungen müssen dokumentiert und für jeden einzelnen Markt gesondert eingereicht werden. Das Einreichen von Änderungen kann zu Untersuchungen (Audits) führen, bei denen das Hauptaugenmerk auf dem entsprechenden Produkt liegt.

Auswirkungen auf die Arzneistoffe

Hersteller von Rohmaterialien wie Arzneiinhaltsstoffe (API) müssen sich ebenfalls um die Registrierung kümmern. Jede Veränderung an einem Arzneiinhaltsstoff kann sich auch auf das Endprodukt auswirken, deshalb müssen in diesem Fall beide Registrierungsdateien aktualisiert werden. Dazu gehören Änderungen an der Primär-, Sekundär- und/oder Tertiärverpackung, wie beispielsweise Taschen oder Beutel, Fässer, Großbehälter und Kartonagen.

Reichweite

Wie bereits angesprochen, gibt es neben der Legalisierung weitere Elemente, die bei Veränderungen der Verpackung eine Rolle spielen. Um sämtliche möglichen Aspekte zu beleuchten, besprechen wir im Folgenden die Fallstudie eines fiktiven Unternehmens, das ein sehr anspruchsvolles (steriles) Produkt herstellt.

Der Hersteller verwendet ungefähr 100 kleine, mit jeweils 1 kg an sterilen aktiven Inhaltsstoffen gefüllte Behälter für die Erstellung einer Rezeptur. Das Hinzufügen des Arzneiinhaltsstoffes (API) erfolgt von Hand: Ein Bediener leert die Behälter in einen Rezeptursammelbehälter, der sich in einer sterilen Kabine befindet.

Um diesen Prozess zu verbessern und die Vorgehensweise von Hand zu verringern, wird ein neuer großer Behälter benötigt, der die Verarbeitung der gleichen Menge an Arzneiinhaltsstoff ermöglicht, bei gleichzeitig weniger Arbeitsschritten von Hand und geringerer Gefahr einer Kontamination. Der Hersteller entscheidet sich deshalb, die Kapazität zu verzehnfachen. Dies erfordert einen Behälter von 10 kg Fassungsvermögen mit einhergehender Verringerung der von Hand ausgeführten Arbeitsschritte von 100 auf 10.

Der Arzneiinhaltsstoff ist registriert, was bedeutet, dass eine Veränderung der Verpackung eine veränderte Registrierungsdatei erfordert. Ist die Registrierungsdatei in der Registrierungsdatei des Endproduktes enthalten (z. B. die Losgröße des Rohmaterials), dann muss dieses Dokument ebenfalls angepasst werden.

Stabilitätsprüfung

Ein weiteres Kapitel der Registrierungsdatei betrifft die Stabilitätsprüfung: Im Normalfall ist für die Stabilitätsprüfung eine repräsentative Stichprobe erforderlich. In den meisten Fällen wird (jährlich) eine Anzahl an Behältern für die Stabilitätsprüfung beiseite genommen, sodass die repräsentative Ausgewogenheit nicht in Frage gestellt wird. In unserem Fall würde die Verwendung des neuen Behälters mit 10 kg einen wesentlichen Produktverlust bedeuten (da der Inhalt dieses Behälters nicht mehr verarbeitet und verkauft werden kann). Eine kleinere Probe wäre hingegen möglicherweise nicht repräsentativ. Der Arzneiinhaltsstoff wird nach dem Befüllen sterilisiert; das Sterilisieren von kleinen gegenüber großen Mengen kann wiederum zu unterschiedlichen Ergebnissen führen.

Logistik und Verarbeitung

Auch Veränderungen in den Abmessungen und der Kapazität können Einfluss auf die Auslieferung eines Produkts nehmen  und den Transports, die Art der Zwischenlagerung und die Behandlung beeinträchtigen (z. B. Beschädigung oder Verderben).

Neben dem Transport gibt es noch zwei weitere Schritte bei jedem Ablauf: die Rezepturerstellung und die Verarbeitung. Sämtliche Schritte im Ablauf müssen neu bewertet werden. In unserem Fall beinhaltet der Ablauf zum großen Teil eine Abwicklung von Hand. Die Behälter werden mithilfe von Transportkarren in verschiedene Bereiche bewegt. Ein Wechsel zu einer anderen Kapazität bedeutet möglicherweise auch die Verwendung anderer, für die Handhabung größerer Behälter besser geeigneter Transportkarren.

Während der Rezepturerstellung werden die Behälter von Hand hoch gehoben. Wie steht es dabei also um Gesundheit, Sicherheit oder Ergonomie? Das Heben von 1 kg an Gewicht verursacht keinerlei Schäden, doch das Anheben von 10 kg an Gewicht vom Boden auf die Höhe, in der die Verarbeitung erfolgen muss, ist für routinemäßige Abläufe wenig geeignet. Unser Rezepturbereich benötigt für die Handhabung der Behälter einen mechanischen Aufzug. Der Aufzug (und möglicherweise weitere Werkzeuge) müssen aus Edelstahl (pharmazeutischer Qualität) gefertigt werden, was das Budget erhöht. Ein ähnlicher Aufzug wird im Verarbeitungsbereich benötigt, wo außerdem sterile Bedingungen herrschen müssen. Dann stellt sich weiterhin die Frage, ob sich die aktuelle Einrichtung für die Ausrüstung mit neuen Werkzeugen eignet.

Dieser hier besprochene Fall zeigt, dass Veränderungen an der Verpackung starke Auswirkung auf sämtliche Bereiche des Herstellungsprozesses haben können und deshalb eine tiefgreifende Analyse erfordern. Um hohe und unerwartete Projektkosten zu vermeiden, muss während der Konzeptionsphase eine multidisziplinäre Folgenabschätzung für den Produkt-Flow vorgenommen werden, in die zum frühestmöglichen Zeitpunkt ein Verpackungsentwickler oder -hersteller eingebunden werden sollte.

Eine korrekte Change Control geht über das eigene Unternehmen hinaus. Sie umfasst nicht nur die gesamte Lieferkette, sondern erfordert auch einen multidisziplinären Ansatz. CurTec wendet bei der Durchführung eines Packaging Requirement Scans eine vergleichbare Vorgehensweise an. Wir prüfen Ihre gesamte Lieferkette, damit wir Sie in Bezug auf die bestmögliche Verpackungslösung beraten können.

Was ist ein Packaging Scan?

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